Er hielt den alltäglichen Druck an seinem früheren Arbeitsplatz nicht mehr aus. Der „innere Antrieb“ sich zur Arbeit auf den Weg zu machen, ist in ihm weggebrochen. Er wurde erwerbsunfähig, weil er so, wie er ist, nicht mehr am Arbeitsmarkt „gebraucht“ wird.
Alle Mühen, alle Tabletten waren umsonst. Dennoch will er das Gefühl haben, gebraucht zu werden. Er will etwas tun können, was ihm auch hilft, durch den Alltag zu kommen. Diese Möglichkeit bietet die Caritas in Günzburg seit nunmehr fünf Jahren. Sie hatte das Zuverdienstprojekt. „geBucht“ gestartet, das vom Bezirk Schwaben anerkannt und gefördert wird. Um auf sich aufmerksam zu machen, bietet „geBucht“ zu seinem 5. Geburtstag Sonderpreise für die Bücher an.
Die Sozialpädagogin Simone Hiller ist für das Projekt verantwortlich, das in Günzburg in der Hockergasse 12 direkt gegenüber der Begegnungsstätte Lichtblick des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Augsburger Diözesan-Caritasverbandes seine Adresse hat. Hiller führt damit ein kleines Team von elf sogenannten Projektteilnehmern, erwerbsgeminderten Frauen und Männern im Alter zwischen 30 und 65 Jahren mit einer psychischen Erkrankung, und einer ganzen Reihe von Ehrenamtlichen. „geBucht“ ist ein modernes Antiquariat bzw. ein „Gebrauchtbüchermarkt“. Es kann auf stolze Zahlen verweisen. Rund 6.000 Bücher, die mindestens noch sechs Euro wert sind, werden online zum Verkauf angeboten. Der Laden selbst birgt einen Schatz von etwa 10.000 Büchern. „Wir liegen in der Hockergasse zwar etwas versteckt, aber es lohnt sich bei uns vorbei zu schauen.“
Die Bücher stammen von Bürgerinnen und Bürger aus Günzburg und Umgebung. „Diese Zulieferung läuft inzwischen super“, freut sich Hiller. Die Projektteilnehmer nehmen sie in Empfang, sortieren sie, ob es sich um Belletristik, wissenschaftliche oder religiöse Literatur handelt, ob es ein Kinder- oder ein Sachbuch ist.
Im Internet recherchiert das Team, zu welchen Preisen die Bücher gehandelt werden, die sie selbst auf www.booklooker.de online zum Verkauf anbieten wollen, und bringt sie zum Versand zur Post. „Das verlangt Genauigkeit, keiner von uns darf schludern“, betont Hiller. Ein ehemaliger Buchhändler, selbst erkrankt, prüft auch mit seinem Fachwissen, was sich verkaufen lässt und nicht. „Unser Buchbestand ist auch immer wieder neu, weil wir regelmäßig jene Bücher aussortieren, die sich nicht verkaufen lassen“, unterstreicht Hiller.
Das Zuverdienstprojekt sieht vor, dass die Teilnehmer am Tag nicht mehr als drei Stunden am Tag mitmachen. Diese Beschäftigung soll ihnen dabei helfen, eine feste Tagesstruktur in ihrem Leben einzuhalten. „Was wann und wie viel dem einzelnen Projektteilnehmer in die Hand gelegt wird, orientiert sich an dessen Belastungsfähigkeit“, erklärt Hiller. Um das gemeinsam mit dem Projektteilnehmer herauszufinden, finden regelmäßig Beratungsgespräche mit der Sozialpädagogin statt.
Dass ein Teilnehmer anruft und mitteilt, dass er nicht kommen könne, weil es ihm nicht gut gehe, komme immer wieder mal vor. „Ein psychisch kranker Mensch ist nicht dauerhaft psychisch stabil“, erklärt Hiller. Manche „tauchen“ dann wochenlang ab. „Und wenn sie wieder kommen, ist es uns wichtig, sie wissen zu lassen, wie wichtig sie uns sind“, sagt die Projektleiterin.
Ein Teilnehmer, der Buchhändler war, ist dankbar für dieses Angebot. „Ich kann an etwas anderes denken, nämlich an die Bücher. Und ich komme raus aus meiner Wohnung“, sagt er. Seine Kollegin, bereits über 60 Jahre alt, „hasst es allein zu sein“. Das mache sie nur „krank“. So freut sie sich, mit anderen Menschen reden zu können und gleichzeitig einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. Einer ihrer Kollegen, ebenfalls ein Projektteilnehmer, ist dankbar dafür, etwas zu tun zu haben und zu wissen, wo man hingehört. Und der erkrankte Buchhändler meint, zuhause würde ich nur Trübsal blasen. „Meine Arbeit hier hilft mir, aus eigener Kraft so gut wie möglich durch den Tag zu kommen.“
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